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Ungefiltert

“Nobody loves me, nobody cares, Nobody picks me peaches and pears. Nobody offers me candy and cokes, Nobody listens and laughs at my jokes. Nobody helps when I get into a fight, Nobody does all my homework at night. Nobody misses me, Nobody cries, Nobody thinks I'm a wonderful guy. So, if you ask me who's my best friend, in a whiz, I'll stand up and tell you NOBODY is! But yesterday night I got quite a scare I woke up and Nobody just WASN'T there! I called out and reached for Nobody's hand, In the darkness where Nobody usually stands, Then I poked through the house, in each cranny and nook, But I found SOMEBODY each place that I looked. I seached till I'm tired, and now with the dawn, There's no doubt about it- NOBODY'S GONE!!”

- Shel Silverstein


Meistens ist mein Schreibprozess folgender: Ich habe um 2/3 Uhr nachts einen Satz, der mir nicht aus dem Kopf geht. Ich weiß, wenn ich morgen aufwache, habe ich ihn vergessen. Also muss ich ihn aufschreiben. Aber natürlich bleibt es oft nicht bei diesem einen Satz, sondern ich schreibe und schreibe und sehe wohin mich meine Gedanken führen. Am nächsten Tag lese ich mir den Text nochmal durch, finde ihn zu weiten Teilen schrecklich und schreibe ihn solange um, bis er mir gefällt. Der Prozess ist für mich nötig, weil ich das Gefühl habe, man könne sonst meinen Text und meinen Gedankengänge nicht folgen bzw. ich immer das Gefühl habe, es geht besser. Außerdem bin ich nachts immer viel dramatischer als nötig. Aber eine Sache geht bei diesem Prozess verloren, was mir immer leid tut: Was ich an meinen Texten oft so liebe, ist dass sie so roh sind. So ein rohes emotionales Auskotzen. Und wenn ich sie umschreibe, sind sie brav und verständlich und eigentlich nicht das, was ich in dem Moment geschrieben habe. Deshalb hatte ich das Ziel, einmal einen Text zu veröffentlichen, den ich nicht mehr angefasst habe, seit ich ihn geschrieben habe. Und wie die Kreativität, kam auch dieser Text wie aus dem Nichts: Ich lag im Bett und mir gingen die ersten zwei Sätze nicht aus dem Kopf. Und ich schrieb und schrieb und ich legte den Laptop sogar zwischendurch weg und dachte, es reicht jetzt. Aber ich konnte nicht aufhören. Ich weiß nicht, wie lange ich geschrieben habe, aber er kam in einem aus mir heraus. Und erst als ich die letzte Zeile geschrieben hatte, das Ende, dann konnte ich den Laptop weglegen. Ich war durch diesen Text extremst aufgekratzt, weil es sehr viel aus meiner Vergangenheit hochgebracht hat und trotzdem fühlte ich auch eine Art Entspannung, dass ich ihn zu Ende gebracht hatte. Und anders als die anderen Texte, wollte ich ihn am nächsten Tag nicht lesen. Ich habe diesen Text tagelang nicht einmal angeschaut, aus Angst, was ich geschrieben hatte, weil natürlich konnte ich mich nicht an alles erinnern. Erst nach einer Woche öffnete ich dieses Dokument, las es mir durch, nahm es auf und versuchte einzelne Wörter auszutauschen und ihn umzuschreiben. Aber es ging nicht. Er ist für mich perfekt, so roh und grausam wie er ist. Ich kann an ihm nichts ändern. Und deswegen heißt er „Ungefiltert“.



Man muss aufhören, das Gute im Menschen zu sehen, sondern das zu sehen, was sie dir zeigen. Musst aufhören in Klischees zu träumen und Wunder zu erwarten. Ein Mensch zeigt dir, was er von dir erwartet, was er sich von dir wünscht und wie er dich sieht. Dafür braucht es keine Aneinanderreihung von Buchstaben. Du kannst es spüren. Und du triffst die Entscheidung es zu ignorieren. Du bleibst in deiner Traumwelt und entscheidest dich nicht herauszutreten. Heraustreten bedeutet Schmerz, bedeutet Zurückweisung, bedeutet Wartebank. Bedeutet gleiche Fehler zweimal machen. Bedeutet wieder mit dem Gesicht auf dem harten Asphalt des Lebens landen. Bedeutet bluten. Bedeutet Schmerz. Bedeutet Einsamkeit. Dann lieber eine zarte Berührung, ein liebes Wort und vielleicht, vielleicht kommt ja dann. Irgendwann. Vielleicht wird das Träumen diesmal ausgezahlt. Belohnt. Vielleicht werden jetzt die Träume war, so wie man es sich immer auf Werbetafeln oder Liebesfilmen sagt. Vielleicht ist das der Moment, in dem alles was ich gebe zurückkommt. Vielleicht kommt alles Gute wieder zu mir zurück. Und vielleicht nimmt sich jemand einfach, was er braucht. Kein Subtext, kein verstecktes Zeichen. Eigennutzen. Wie nützt mir dieser Mensch etwas. Was kann ich aus diesem Menschen für einen Nutzen ziehen. Ist dieser Mensch nützlich für mein Leben. Ein Nutztier, der Mensch. Ein Nutztier für den Narzissten. Und während man den Karren zieht und die Felder erntet und Milch gibt und brav alle Aufgaben erfüllt, ohne wenn ohne aber ohne Scheu und ohne Rücksicht auf Verluste, sieht man auf sich selbst herab aus der Ferne und erkennt sich selbst nicht mehr. Der Narzisst als schützende Brandung, als nie erreichbarer Traum steht er da und versteckt sich hinter Floskeln und der Devise bloß nicht zu viel. Und dem Gedanken, man mache ja nichts falsch. Das Nutztier ist doch glücklich, es hat ein Dach über dem Kopf, es hat Essen und es bekommt gerade so viel Zuneigung, das es nicht entkommen und ein anderes Heim suchen will. So viel geben wie nötig, so viel nehmen wie möglich. Und wo lässt uns das zurück? Wir Empathen, wir Suchende, wir immer lächelnde, gern gebende und Nutzmenschen. Wir haben keine blauen Augen, rosa Brillen oder sieben Wolken. Wir tun alles freiwillig, wir lächeln, wir lassen uns nichts anmerken. Nur der Spiegel wirft uns manchmal einen traurigen Blick zu. Und auf unserem Weg nach Hause verirrt sich eine einzige Träne in unseren Mund. Alles Opfer, die man bringen muss, nicht wahr? Einfach aushalten. Aushalten. Hingehen. Anbieten. Machen. Tun. Lächeln. Blinzeln. Atmen. Geben. Geben. Anbieten. Blick. Geben. Hoffen. Bangen. Träumen. Es wäre so leicht. So leicht, seinen eigenen Wert zu erkennen. Zu erkennen, dass Liebe in allen Formen und Farben erscheint, aber dass es manchmal auch eine Schwarz-Weiß-Entscheidung ist. Man liebt jemanden oder nicht. Eine gänseblumenartig leichte Überlegung. Auf die Frage: „Liebst du diese Person?“ hast du immer eine eindeutige Antwort. Nicht die Antwort ist schwer, das Eingestehen ist es. Eingestehen bedeutet Schmerz, bedeutet Zurückweisung, bedeutet Wartebank. Das Warten auf einen Menschen, der aus dem Nutzen einen Sinn macht. Ein Mensch, der aus Karma Liebe buchstabiert. Ein Mensch, der uns zeigt, wer er wirklich ist. Stattdessen begleiten wir den Narzissten auf dem Bau seines eigenen Weges und lassen uns benebeln durch unsere eigens konstruierten Konjunktive. Wir bauen uns unsere Zukunft im Kopf mit prächtigen Farben und schillernden Klängen. Mit warmen Gedanken und endlosen Wünschen. Und irgendwann wacht man auf und passt nicht mehr in diese Welt. Aber es ist doch unsere Welt, hier gehören wir hin. Zugehörigkeit. Ankommen. Hingehen. Ich gehöre hier hin. Das ist meine Welt. Ich bin genau zu der Person geworden, die ich nie sein wollte. Abhängigkeit. Verlogenheit. Unehrlichkeit. Zahm. Lügnerin. Verpesterin. Schreiben tu ich viel, sagen tu ich wenig. Aus der Hoffnung gefragt zu werden. Das Blatt Papier schaut mich fragend an, was gibt es heute zu berichten. Welchen Finger haben wir heute ausgestreckt, welche Hand wurde morgen genommen. Verpesterin. Verpestest deine Welt mit Dingen, die du nicht sagst, aber meinst und mit Dingen, die du auszusprechen nicht traust. Eine Witzfigur. Im tiefen Brunnen steckst du fest, bist beim Wasserholen für den Narzissten runtergefallen und nicht mal du selbst kannst dir jetzt noch helfen. Schreibst und schreibst und schreibst und schreibst und bastelst aus den Wörtern ein Konstrukt, das dich herausziehen soll, etwas anderes fällt dir nicht ein. IchschreibeundschreibeundschreibeundschreibeundbaueeinKonstruktdasmichherausziehensollausdiesemWahnsinnvonGefühlenundSchmerzHelftmirdochWörterdiedieWeltbedeutenIchschreibeundschreibeundschreibe.

Das Blatt Papier wird voller, aber mein Kopf nicht leerer. Es brummt. Es brummt in meinem Körper, doch ich kann die Quelle davon nicht finden. Brummt mein Herz oder brummt mein Kopf. Was soll ich erlösen, welches Heilmittel kann ich verabreichen. Gibt es eins? Das Schreiben. Vielleicht gibt mir das Schreiben die Antwort auf meine Fragen, vielleicht wenn ich lange genug meine Seiten fülle und meine Tastatur verbrenne und meine Finger nur noch verwischt sehe, vielleicht führen meine Finger mich zu der Antwort zu einer Frage, die mein Kopf nicht vermag zu stellen. Verpesterin. Verpestest die reinen weißen Seiten mit deinen Gedanken. Lädst deinen Balast mit Wörtern ab wie der Narzisst seine Wünsche auf dir.

Hör auf das Gute im Schreiben zu sehen, sondern das zu sehen, was es dir zeigt. Dich selbst.


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